Research report

Deutsch als Amtssprache der Stadt Freiburg i.Ü.? Bestandesaufnahme und Analysen aus historischer, juristischer und soziolinguistischer Perspektive : Bericht zuhanden des Gemeinderates von Freiburg

    28.06.2018

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German Die Frage der Stellung von Deutsch im Kanton und in der Stadt Freiburg beschäftigt die Öffentlichkeit schon seit Jahrzehnten. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, Gutachten und politische Vorstösse zeugen davon. Heute sind Französisch und Deutsch als Amtssprachen des Kantons und ihr Gebrauch in Achtung des Territorialitätsprinzips in der Verfassung verankert (Art. 6 Abs. 1 und 2 KV FR). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Gemeinden «mit einer bedeutenden angestammten sprachlichen Minderheit» Französisch und Deutsch als Amtssprache gebrauchen (Art. 6 Abs. 3 KV FR). Ein Ausführungsgesetz, welches die Kriterien und rechtlichen Prozesse klärt, gemäss welcher eine offizielle Anerkennung der amtlichen Zweisprachigkeit auf Gemeindeebene zu erfolgen hat, steht bisher aus. Experten und Gutachter diskutieren seit den 1980er-Jahren verschiedene, v.a. statistische, historische und territoriale Kriterien. Zudem besteht auch keine Einigkeit darüber, ob eine gesetzliche Verankerung der Zweisprachigkeit auf Gemeindeebene den Sprachenfrieden eher fördere oder gefährde. Während z.B. Experten des Europarates und Interessenvertreter der Deutschfreiburger solche gesetzlichen Regelungen begrüssten, mahnen andere zur Vorsicht und betonen die Bedeutung von langjährigen erprobten Praktiken. Wiederum andere, insbesondere Interessenvertreter der Frankofonie, beharren auf dem Territorialitätsprinzip, welches die Französischsprachigen – die zwar im Kanton, im Saanebezirk und in der Stadt eine Mehrheit bilden, national jedoch in der Minderheit sind – in ihrem Sprachgebiet schützen soll. In den letzten Jahren sind in der Stadt Freiburg bereits einige Schritte in Richtung verstärkter Berücksichtigung auch von Deutsch unternommen worden, so etwa im Strassenbild, in amtlichen Publikationen oder in der Kulturförderung. Gleichzeitig ist jedoch ein Rückgang des Anteils der Personen deutscher Hauptsprache und deutscher Korrespondenzsprache zu beobachten. Angesichts der zunehmenden Betonung der Vorteile der Zweisprachigkeit wächst heute der politische Druck, die Zweisprachigkeit vermehrt zu fördern, nicht nur im Bereich der kommunalen Amtssprachen, sondern auch in Form von zweisprachigen Unterrichtsmodellen in der obligatorischen Schule. Der vorliegende Bericht prüft die Frage von Deutsch als Amtssprache in der Stadt Freiburg ausgehend von historischen, juristischen und empirischen Analysen der Situation in Freiburg und von Vergleichen mit den beiden Städten Biel und Siders, in welchen ebenfalls eine traditionelle sprachliche Minderheit lebt. Im Fokus stehen insbesondere die Stadtverwaltung, aber auch andere wichtige gesellschaftliche Bereiche (Schule, Alltagskommunikation, Kultur und Wirtschaft). Eine Bestandesaufnahme des Status quo stellt die Ausgangsbasis für die Fragen dar, welche Herausforderungen die amtliche Zweisprachigkeit mit sich bringt und welche Alternativen es dazu gibt. Es werden drei Szenarien analysiert: 1. Der Ist-Zustand wird beibehalten, d.h. es wird weiterhin punktuell und ohne rechtliche Verpflichtung auch das Deutsche berücksichtigt. 2. Eine amtliche Zweisprachigkeit wird angestrebt, welche eine gesetzlich verbindliche amtliche Gleichberechtigung von Französisch und Deutsch garantieren soll. 3. Ein Mittelweg wird eingeschlagen, sodass stärker als heute auch Deutsch berücksichtigt und auf kommunaler Ebene Zielvorgaben formuliert und Ressourcen gesprochen würden, um diese Berücksichtigung besser zu institutionalisieren. Die heutige Situation in Freiburg verdeutlicht, dass das erste Szenario von den städtischen Angestellten nicht immer einfach zu bewältigen ist und die Verwendung von Deutsch stark der Sensibilität und Initiative von Einzelnen überlassen bleibt. Das zweite Szenario, das in 6 Biel und in der Bundesverwaltung zu finden ist, zeigt wiederum, dass amtliche Zwei- und Mehrsprachigkeit möglich ist, dass sie aber ihren Preis hat und dass eine absolute sprachliche Gleichberechtigung eine Illusion bleiben muss. Ein Mittelweg, der von den meisten Interviewten bevorzugt wird, würde bedeuten, dass die Bemühungen um Berücksichtigung von Deutsch verstärkt und die dazu notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt würden, sodass eine zweisprachige Praxis als mittel- bis langfristiges Ideal angestrebt werden könnte. Eine allfällige Legiferierung würde dann eine bestehende Praxis verankern und nicht eine solche von Gesetzes wegen verordnen.
Faculty
Faculté des lettres et des sciences humaines
Department
Institut de plurilinguisme
Language
  • German
Classification
Language, linguistics
License
License undefined
Identifiers
  • RERO DOC 323062
Persistent URL
https://folia.unifr.ch/unifr/documents/307143
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