Asylsuchende und Flüchtlinge in der Notfallstation

Blöchliger, Corinne ; Osterwalder, Joseph ; Hatz, Christoph ; Tanner, Marcel ; Junghanss, Thomas

In: Sozial- und Präventivmedizin, 1998, vol. 43, no. 1, p. 39-48

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    Zusammenfassung: Die vorliegende Querschnittsstudie beschreibt den Gesundheitszustand und die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen aus der Sicht der in der Notfallstation des Kantonsspitals St. Gallen tätigen Ärzte. Die Datenerhebung erfolgte mit Fragebogen und der Dokumentation der Konsultationen von Asylsuchenden/Flüchtlingen und Vergleichspatienten während des elfwöchigen Untersuchungszeitraumes (je 98 Konsultationen entsprechend 3% der während der Studienperiode behandelten Notfälle). 76% dieser Konsultationen betrafen Patienten aus Ex-und Rest-Jugoslawien. Bezüglich der ICD-codierten Hauptdiagnosen war nach Alterskorrektur kein Unterschied zwischen Asylsuchenden/Flüchtlingen und der Vergleichsgruppe erkennbar. Im Vergleich zu dem hausärztlichen Patientenklientel überwogen die Verletzungen signifikant (37% vs. 8%). Asylsuchende/Flüchtlinge und die Vergleichsgruppe unterschieden sich nicht signifikant bezüglich der Frequenz, mit der ein Patient als Notfall klassifiziert wurde (58% vs. 65%), ebenso war kein signifikanter Unterschied in der Hospitalisationsrate (29% vs. 36%) festzustellen. Als Notfälle bewertete Konsultationen Wurden häufiger in der Nacht als am Tag registriert. Die Aufenthaltsdauer der Asylsuchenden/Flüchtlinge in der Schweiz war negativ mit der Verfügbarkeit eines Hausarztes und der Klassifikation eines Patienten als Notfall assoziiert. Mangelnde Erfahrung in der Betreuung von Asylsuchenden/Flüchtlingen und das Defizit an Ausbildung und Vertrautheit mit spezifischen administrativen Problemen wurden von den befragten Ärzten als Hauptschwierigkeiten genannt. Für die Verbesserung der Nutzung von Notfallstationen bietet sich an, möglichst frühzeitig die Kenntnisse von Asylsuchenden über das schweizerische Gesundheitswesen zu fördern und eine hausärztliche Betreuung in die Wege zu leiten