Die Anästhesie der Anästhesie : Schmerzmedizin in kulturethischer Perspektive = The anesthesia of anesthesia : Pain therapy in a cultural-ethical perspective

Pfleiderer, G.

Ajouter à la liste personnelle
    Summary
    Zusammenfassung: In einer kulturethischen Perspektive betrachtet, lässt sich Schmerzmedizin als Inbegriff aller Medizin verstehen. Als solche enthält sie zwei Dilemmata: Sehr oft müssen Schmerzen zugefügt werden, um Schmerzen zu lindern; und dies kann nur einer tun, der selbst (relativ) frei ist von Schmerzen. Die berufsnotwendige Apathie oder ‚Anästhesie‘ des Anästhesisten entspricht einerseits einem allgemeinen Wahrnehmungstypus des 20.Jh.: dem kühlen Beobachter. Andererseits ist sie die moderne Variante der ursprünglich religiösen Konstellation von Priester und Krankem bzw. Opfer. Heilung geschieht durch Stellvertretung. Das schwache Ich des Kranken übernimmt im Opfer das starke Ich des Therapeuten. In der Kunst und Literatur des 20.Jh. ist dieser Vorgang vielfach beschrieben und gedeutet worden. Kunst und Kultur selbst können solche therapeutische Stellvertretungsfunktion übernehmen. Was hier geschieht, ist wiederum vor dem Hintergrund einer philosophisch-phänomenologischen Analyse des Schmerzes zu verstehen. Schmerz ist der Verteidigungskampf des Leibes gegen die Gefahr, auf den bloßen physischen Körper reduziert zu werden. In den Klagepsalmen des biblischen Hiob-Buches hat solcher Schmerzausdruck vielfältige Ausdrucksformen gefunden, die auch heute hilfreich sein können